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Die Heldenreise im Coaching – Teil 1

Eine Einführung das Modell der Held*innen-Reise

In diesem Artikel erfährst du

  • Die Entstehungsgeschichte des Heldenreise-Modells im Coaching
  • Die Struktur der Held*innenreise

In Teil 2 erfährst du, wie ich die Held*innenreise im Coaching nutze.

Die Heldenreise ist vermutlich so alt wie das Geschichtenerzählen selbst. Sie beschreibt eine archetypische Struktur von Geschichten, Märchen und Mythen – wie wir sie zum Beispiel aus Harry Potter, Pretty Woman oder König der Löwen kennen.

Wie die Held*innenreise entstand – und ins Coaching kam

Joseph Campbell, Professor auf dem Gebiet der Mythologie, verglich 1949 in seinem Buch Der Heros in tausend Gestalten Geschichten auf der ganzen Welt und macht deutlich, dass es in allen Kulturen ein ähnliches Grundmuster in Erzählungen gibt – die Heldenreise, die aus mehreren Etappen besteht.

Die zentrale Hauptfigur wird auserkoren, den Schatz zu finden / die Welt zu retten / das Böse zu besiegen, sie folgt dem Ruf und zieht hinaus in die Welt des Abenteuers. Am Ende kehrt sie erkenntnisreich und verändert in die alte Welt zurück, wo sie ihre Erfahrung zur Verfügung stellt.

Nicht nur Hollywood und zahlreiche Künstler*innen nutzen seitdem diese Grundlage für ihre Geschichten – in den 1980er Jahren hielt die Theorie der Heldenreise Einzug in die Gestalttherapie. Der Psychotherapeut Paul Rebillot entwickelte ein gestalttherapeutisches Konzept für Gruppen: Die Heldenreise. Solche Gruppenseminare gibt es inzwischen in ganz Deutschland, sie dauern fünf Tage und dienen der Begleitung von Transitionsprozessen. Holger Lindemann entwickelte darauf aufbauend die Systemische Heldinnen- und Heldenreise für die Begleitung von Einzelpersonen in Beratung, Therapie und Coaching.

Die Etappen einer Heldenreise

Je nach Quelle werden unterschiedlich viele Phasen der Held*innenreise beschrieben. Joseph Campbell beschreibt 17 Phasen, die Holger Lindemann auf 10 Phasen reduziert hat. In meiner Arbeit haben sich diese zehn Etappen bewährt. Je nach Coaching-Anliegen haben einige Phasen keine große Relevanz, andere bearbeite ich mit meinen Coachees sehr ausführlich.

Folgende Etappen nach Lindemann[1] nutze ich in meiner Arbeit

  1. Die gewohnte Welt
  2. Der Ruf des Abenteuers
  3. Die Weigerung
  4. Begegnung mit Mentor*innen
  5. Die Schwelle
  6. Die Bewährungsproben
  7. Die entscheidende Prüfung
  8. Der Schatz
  9. Der Weg in einen neuen Alltag
  10. Der neue Alltag

 

  1. Die gewohnte Welt

Die Heldin der Geschichte befindet sich in ihrem Alltag. Hier geht alles seinen gewohnten Gang, alles ist bekannt und Routine. Die Welt ist grundsätzlich schön, die Heldin fühlt sich wohl. Doch der sich nähernde Ruf des Abenteuers wirft seine Schatten voraus. Etwas passt nicht mehr. Am fernen Horizont braut sich ein Sturm zusammen – da wird etwas geschehen.

  1. Der Ruf der Abenteuers

Wind kommt auf. Und mit ihm erklingt der Ruf des Abenteuers. Eine innere oder äußere Stimme fordert den Held zur Veränderung auf, sich einer Aufgabe zu stellen, das gewohnte Land zu verlassen und in ein Abenteuer zu starten. Das kann eine Sehnsucht „hin zu“ oder eine Flucht „weg von“ sein.

  1. Die Weigerung

Zunächst wird der Ruf des Abenteuers verweigert. Entweder weil die Sicherheit der gewohnten Welt zu annehmlich ist oder weil die Heldin nicht glaubt, dem Abenteuer gewachsen zu sein. Sie ist unentschieden, ob sie das Abenteuer antreten soll oder nicht.

  1. Begegnung mit Mentor*innen

Mentor*innen können echt oder erfundene Personen oder Figuren sein, die dem Held zur Seite stehen und ihn unterstützen. Sie bereiten den Held auf sein Abenteuer vor, in dem sie ihm mit Rat, Gegenständen oder Zureden zur Seite stehen. Der Held bekommt hier die Unterstützung, die er braucht, um in das Abenteuer zu starten und die nächste Phase anzugehen.

  1. Die Schwelle

Das ist der Moment, wo das Abenteuer startet. Die Heldin zieht los und übertritt die Schwelle in das Reich des Neuen. Die gewohnte Welt lässt sie hinter sich, auch wenn Heimweh, Ängste oder Personen, die ihr abraten den Weg zu gehen, sich ihr in den Weg stellen.

  1. Die Bewährungsproben

Der vor dem Held liegende Weg geht bergauf und bergab. Er trifft auf unterstützende Personen, Aufgaben gelingen gut, die Sonne scheint, der Weg ist schön. Dann wieder begegnen ihm Gefahren und Hindernisse, denen er sich stellen muss. Der Held erfährt äußere und innere Entwicklung.

  1. Die entscheidende Prüfung

Es folgt der schwerste Teil der Held*innenreise. Die entscheidende Prüfung steht an. Die Heldin ist zur entferntesten Insel, zum Versteck des Schatzes, gelangt und trifft hier auf ihren größten Feind. Dieser Feind kann sowohl im Außen als auch im Innen der Heldin liegen. Durch die vorangegangenen Bewährungsproben ist die Heldin gereift und kann sich nun diesem Schatten stellen. Laut Lindemann muss es nicht um die Vernichtung des Schattens gehen, sondern es kann vielmehr darum gehen, „den Feind“ anzuerkennen und Frieden zu schließen.[2]

  1. Der Schatz

Es ist vollbracht! Der Schatz liegt in all seiner Pracht vor dem Held. Manchmal ist es das, was der Held sich zu Beginn seines Abenteuers ausgemalt hat. Häufig ist es (zusätzlich noch) etwas anderes: innere Entwicklung und Veränderung oder äußere neue Umstände, die erst durch den Abenteuerweg entstanden sind.

  1. Der Weg in einen neuen Alltag

Auf dem Weg zum neuen Alltag ist Zeit den bisher gegangenen Weg und die Veränderungen zu reflektieren und auf den anstehenden neuen Alltag zu blicken. Dabei können bereits bewältigt geglaubte innere und äußere Hindernisse noch einmal in Erscheinung treten. Die Heldin wird ein letztes Mal geprüft.

  1. Der neue Alltag

Nun gilt es, das Erreichte in den Alltag zu integrieren und eine neue Stabilität aufzubauen. Es ist Zeit für Ruhe und neue Gewohnheiten. Das auf der Reise Erreichte findet seinen Platz und soll bewahrt werden. Vielleicht wird die Heldin zur Mentorin für andere Held*innen.

Geh‘ mit mir auf deine eigene Held*innenreise!

Du hast Lust bekommen, deine eigene Heldinnen- oder Heldenreise zu starten? Dann begib dich mit mir in dein Abenteuer: https://laurakarisch.de/meilenweit-coaching/

Mehr erfahren?

Wer tiefer in die Arbeit mit der Held*innenreise einsteigen möchte, dem kann ich das Buch von Holger Lindemann Die systemische Heldinnen- und Heldenreise mit Bildkartenset sehr empfehlen. Hier findet ihr das Modell und passende Methoden und Fragen ausführlich beschrieben sowie Fallbeispiele und Anleitungen. Auf Lindemanns Seite http://www.systemische-heldenreise.de/pages/heldenreise.html findet ihr außerdem Online-Materialien und eine interaktive Karte mit allen Phasen der systemischen Held*innenreise.

Das Grundlagenwerk von Joseph Campbell findet ihr hier: https://www.suhrkamp.de/buch/joseph-campbell-der-heros-in-tausend-gestalten-t-9783458643432

[1] Lindemann, Holger (2016): Die große Metaphern-Schatzkiste. Band 2: Die Systemische Heldenreise. V&R.

[2]ebd., S. 46.

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